Rezension

The Art of Being Normal

von Lisa Williamson

Deutscher Titel: Zusammen werden wir leuchten

David Fickling Books Verlag, 353 Seiten

Preis: 7,99€

Inhalt

Es ist Davids vierzehnter Geburtstag und als er die Kerzen ausbläst, ist sein sehnlichster Wunsch … ein Mädchen zu sein. Das seinen Eltern zu beichten, steht auf seiner To-do-Liste für den Sommer – gaaaanz unten.
Bisher wissen nur seine Freunde Essie und Felix Bescheid, die bedingungslos zu ihm halten und mit denen er jede Peinlichkeit weglachen kann. Aber wird David jemals als Mädchen leben können? Und warum fasziniert ihn der geheimnisvolle Neue in der Schule so sehr?

Mutig, wichtig und mit Witz erzählt – ein Buch wie ein Leuchtfeuer!

Meine Meinung

„The Art of Being Normal“ ist wohl eines dieser Bücher, auf die ich ohne den Twitter-Buchclub Zwitscherbooks nie gestoßen wäre. Und selbst wenn hätte ich es wohl so schnell nicht gelesen, einfach nur, weil ich in letzter Zeit wahnsinnig wenig Interesse an zeitgenössischen Jugendbüchern habe. Nun haben wir es jedoch im Buchclub gelesen, und es hat wirklich Spaß gemacht!

„The Art of Being Normal“ liest sich wahnsinnig schnell. Es ist leicht und flott geschrieben und ein ganz typisches „Nur noch ein Kapitel!“-Buch, das man wirklich in einem Rutsch durchlesen kann.
Ich mochte David – die ich in dieser Rezension weiterhin David nennen werde, obwohl sich in mir alles dagegen sträubt, aber da sie ihren präferierten Namen erst ganz zum Schluss verrät möchte ich hier nichts vorwegnehmen – sehr gerne und auch Leo ist mir mit der Zeit wirklich ans Herz gewachsen. Die Nebencharaktere fallen bei „The Art of Being Normal“ leider eher etwas flach aus – sowohl Essie mit ihren bunten Haaren als auch Felix mit seinen vielen Allergien sind nicht viel mehr als die stereotypen „ausgefallenen“ besten Freunde wie sie wohl fast jeder Jugendbuchheld hat, ohne viel Tiefgang oder individuelle Persönlichkeit, und auch Leos und Davids Familienmitglieder sind eigentlich immer im Hintergrund geblieben. Das fand ich sehr schade.
Überhaupt ist „The Art of Being Normal“ teilweise ein derart stereotypes Jugendbuch, das ich mich schon gefragt habe, ob das vielleicht ironisch zu lesen ist. Der obligatorische Roadtrip darf hier ebenso wenig fehlen wie die strenge Aufteilung von Jugendlichen in Cliquen, die beim Mittagessen natürlich alle getrennt sitzen, sowie die – für das jeweilige Alter der Teilnehmer – viel zu großen und unrealistischen Partys.
Eigentlich hebt das Buch sich tatsächlich „nur“ durch die Thematik aus der Masse hervor – die ist dafür aber natürlich umso wichtiger. Bevor ich hierauf weiter eingehe will ich noch kurz anmerken, dass ich als cis Person hier natürlich immer nur ein sehr beschränktes Urteil fällen kann. Sollte ich hier irgendetwas unsensibles oder einfach nur blödes schreiben, dann macht mich bitte darauf aufmerksam und ich ändere das sofort!
So kann ich zum Beispiel natürlich absolut nicht einschätzen, wie realitätsnah die trans Thematik in diesem Buch behandelt wird – meine (trans) Freundin Hannah hat mich aber wissen lassen, dass Lisa Williamson ihre Sache da wohl wirklich sehr gut gemacht hat. Viele Dinge, die ich von außen als klischeehaft empfunden hatte, haben für sie bezüglich ihrer eigenen Erfahrungen den Nagel wohl genau auf den Kopf getroffen – genau so, wie es sein soll. Hier hat Lisa Williamson sich wohl wirklich viel Mühe gegeben.
Problematischer fand ich eher, wie im Buch mit Davids Trans-Sein umgegangen wird. So wird sie konsequent von allen Freunden vor denen sie sich bereits geoutet hat als männlich betrachtet, die richtigen Pronomen und ihr richtiger Name werden nur dann verwendet, wenn sie tatsächlich in typischer Mädchenkleidung auftritt. Das fand ich nicht nur falsch, es sendet auch eine furchtbare Nachricht an trans Jugendliche, die das Buch vielleicht lesen. David ist nicht nur dann weiblich, wenn sie von anderen offensichtlich als solches erkannt wird, sondern immer. Punkt. Auch fand ich sehr bedenklich, wie oft hier die Sprache davon war, dass David ein Mädchen sein „will“, nicht, dass sie bereits eines ist. Stellenweise hat man wirklich stark das Gefühl, dass Geschlecht sich für die (übrigens cis) Autorin ausschließlich auf physischer Ebene abspielt, was natürlich Käse ist.
Auch die extreme Versteifung auf Geschlechterklischees fand ich teilweise sehr störend. Das passiert nicht nur im Bezug auf David, sondern auch auf alle Nebencharaktere – vor allem die Mädchen sind ausnahmslos alle besessen von Make-Up und Prinzessinenfilmen. Das war nicht nur anstrengend sondern auch einfach unrealistisch.

Trotz meines ganzen Gemeckers war „The Art of Being Normal“, wenn diese „Schwierigkeiten“ gerade nicht auftraten, aber wirklich ein schönes Buch. Teilweise war es etwas vorhersehbar, glücklicherweise aber nicht immer, sodass es trotz allen Jugendbuch-Klischees immer noch spannend und unterhaltsam war. Das Lesen und vor allem das Diskutieren mit dem Buchclub hat mir viel Spaß gemacht, es war locker und angenehm geschrieben, die Thematik ist sehr wichtig und war gut umgesetzt. Es ist schön, dass auch Jugendbücher, die LGBTA+ Themen behandeln, inzwischen erfolgreich sein können, denn unsere Buchlandscahft muss noch sehr viel bunter werden – allein weil es das erste Buch mit einer trans Protagonistin war, das ich gelesen habe, möchte ich „The Art of Being  Normal“ schon empfehlen.
Ich mochte außerdem die Weihnachts-Atmosphäre gegen Ende des Buches sehr gerne. Vielleicht werde ich es dieses Jahr in der Vorweihnachtszeit sogar noch einmal lesen!

 

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