Rezension
Two on a Tower

von Thomas Hardy
Penguin English Library Verlag, 314 Seiten
Preis: 7,60€
Inhalt
Lady Constantine bricht alle Regeln des Anstands, als sie sich in den schönen jungen Swithin St. Cleeve verliebt, der ihr nicht nur gesellschaftlich unterlegen sondern auch noch zehn Jahre jünger ist als sie. Zusammen erschaffen die Beiden ihr privates kleines Universum in einem alten, zu einer Sternwarte umgebauten Turm – bis der Druck von außen zu groß wird und ihr Glück zerstört zu werden droht.
Hardys atmosphärische, bewegende Geschichte zweier Liebenden, die Mächten weit außerhalb ihrer Kontrolle unterlegen sind, zeigt die Tragik menschlicher Leidenschaft vor dem Hintergrund der Weite und Unfassbarkeit der Sterne.
Meine Meinung
„Two on a Tower“ ist das dritte Buch, das ich von Thomas Hardy gelesen habe. Aufmerksam wurde ich darauf – neben meiner neu entdeckten Liebe für Hardys Bücher – vor allem durch das wunderschöne Cover. So ging es wohl auch vielen andere Leute, denn „Two on a Tower“ zählt eher zu Hardys unbekannteren Werken – es wurde nicht einmal auf deutsch übersetzt – und eine Empfehlung oder gar eine Rezension findet man zu diesem Buch eher selten. Schade, denn „Two on a Tower“ ist wirklich ein verstecktes kleines Juwel.
Das Buch beginnt eher ruhig und ich muss zugeben, dass ich mir auf den ersten 50 Seiten schon Sorgen gemacht hatte, es könnte vielleicht zu Recht eher unbeachtet geblieben sein. Zwar hat mich Hardys wunderschöne Sprache wieder einmal von der ersten Seite an gefangen nehmen können, allerdings konnte ich mich zuerst so gar nicht mit irgendeinem der Charaktere identifizieren und auch die beginnende Romanze zwischen den beiden Protagonisten hat mich eher kalt gelassen.
Je länger ich das Buch jedoch gelesen habe, desto besser hat es mir gefallen und zum Ende hin konnte ich es gar nicht mehr aus der Hand legen. Die Charaktere wurden immer klarer umrissen, ihre Gefühle füreinander immer nachvollziehbarer – vor allem wohl auch deshalb, weil sie auf beiden Seiten so unterschiedlich waren. Ich mochte es, dass die Rollen des sonst immer männlichen, älteren, erfahreneren Partners und die des für gewöhnlich weiblichen, jüngeren, zum ersten Mal wirklich Verliebten hier vertauscht wurden und auch, wie klar das ausgearbeitet wurde. Vor allem die Probleme, die durch einen so großen Alters- und vor allem Reifeunterschied in einer Beziehung enstehen, auch wenn beide Parteien sich ehrlich lieben, fand ich gut dargestellt.
Ich mochte es außerdem, wie begeistert Swithin Wissenschaftler war, und wie er und Viviette sich auch tatsächlich über die Wissenschaft näher gekommen sind – im 19. Jahrhundert war es, denke ich, noch nicht wirklich üblich für einen männlichen Wissenschaftler, zusammen mit einer Frau zu forschen, aber daran verschwendet hier keiner von beiden auch nur einen Gedanken. Die Astronomie und vor allem die Sternwarte in dem alten Turm waren irgendwie immer ein Fixpunkt der Geschichte, zu dem stets alles zurückkehrte, was ich sehr interessant fand.
Sehr spannend fand ich auch, wie gewagt unmoralisch das Buch für die damalige Zeit wohl war. In einem Jahrundert, in dem vor allem weibliche literarische Figuren für romantische „Fehltritte“ oder gar Vergewaltigungen für gewöhnlich mit dem Tod ihrer selbst und dem des dabei entstandenen Kindes „bestraft“ wurden, ohne jemals wieder glücklich sein zu dürfen, muss „Two on a Tower“ wirklich schockierend gewesen sein. Klar, zelebriert wird die „Unehrenhaftigkeit“ ihrer Romanze hier auch nicht, aber eigentlich läuft die heimliche Beziehung von Viviette und Swithin in all ihren Aspekten wirklich glimpflich und vor allem ohne Dämonisierung ab. Besonders im Bezug auf Viviette wird gerade ihr Verlangen danach, alles wieder gerade zu rücken und es „richtig“ zu machen, immer wieder deutlich gemacht.
Es wäre so leicht für Hardy gewesen, sie als die ältere, weibliche Verführerin als einfach nur niederträchtig, unmoralisch und böse darzustellen, aber daran hat er überhaupt kein Interesse, was ich wirklich gut fand. Sowohl Viviette als auch Swithin sind einfach nur Menschen, die – obwohl sie etwas tun, was zu der damaligen Zeit höchst anrüchig war – nie hart dafür verurteilt werden.
Kurzum – ich habe „Two on a Tower“ trotz leichter anfänglicher Zweifel wirklich gern gelesen. Nach „Tess of the D’Urbervilles“ ist es wohl mein bisher liebstes Buch von Thomas Hardy. Obwohl ich normalerweise kein großer Fan von Liebesgeschichen bin schafft Hardy es doch immer wieder, mich mit seinen zu fesseln – vielleicht, weil sie auch immer sehr gesellschaftskritisch sind. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf mein nächstes Buch von ihm!
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